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Interview mit dem Naturheilarzt Dr. Ramón Rosales Duno

Geführt am 8.11.2019 im CAMIULA, Mérida.

Rosales Duno

Dr. Rosales Duno, Sie sind Internist und praktizieren seit Jahrzehnten eine alternative, präventive Naturheilkunde. Haben Sie irgendeinen Einfluß auf die öffentliche Gesundheitspolitik in Venezuela nehmen können?

RD: Nein, ich werde nicht berücksichtigt. Mir wurde nicht einmal eine Gelegenheit eingeräumt, mit dem Stadtrat oder unseren Länderparlament zu reden, geschweige denn mit dem Gesundheitsministerium.

Seit wievielen Jahren bewegen Sie sich nun im Bereich der Naturmedizin?

RD: Seit neunundvierzig Jahren.

Sie hatten zunächst eine Ausbildung im Sinne der klassischen Schulmedizin?

RD: Ja, das ist richtig. Klassisch im Sinne der westlichen Schulmedizin. Aber ich hatte bereits vor vielen Jahren eine Vorahnung, daß wir nicht in der Lage sein würden, die Kosten dessen zu tragen, was ich die „Medizin der Krankheit“ nenne. Ich habe sämtliche Bereiche der Krankenhausbetreuung seit den Anfängen der Krankenhäuser hier im Bundesstaat Mérida durchlaufen; ich war Direktor des gößten Krankenhauses im Westen des Landes, und ich sagte mir: „Ich erlaube es, daß die Menschen erkranken, weil sie schlechte Gewohnheiten haben, und dann erhebe ich mich über sie und behaupte, dass ich sie heilen könne.“ Soll heißen, ich ließ zu, daß die Leute erkrankten, um ihnen anschliessend das von mir sogenannte MAU-Paket zu verschreiben: Medikamente, Apparate, Untersuchungen, und damit die für die moderne Medizin so typische Abhängigkeit zu verstärken. Ich habe eine Art Voraussage des Desasters gemacht, das wir hier gegenwärtig haben, dieses Durcheinanders, dieses völligen Zusammenbruchs. Das hier ist ein totaler Zusammenbruch, aus dem es sehr schwierig werden wird, sich wieder zu erheben! Es sei denn es gelingt uns, dieses ganze, schon fast machiavellihaft entworfene System, was Leuten erlaubt zu erkanken, damit sie in das Geschäft mit der Krankheit fallen, zu umgehen. Im Grunde war ich nie mit diesem System einverstanden. Die Hospitäler fordern ein stets wachsendes Budget und niemals ist es ausreichend! Und heutzutage können Sie ein Budget größer als das des Staatshaushalts haben, und trotzdem gibt es keine Medikamente! In der Vergangenheit war ich zehn Jahre lang Koordinator einer Notaufnahme und niemals hat eine Ampulle, eine Spritze, ein Medikament oder irgendein Zubehör gefehlt. Ich frage mich daher, wieso, wenn es uns zehn Jahre lang an nichts in der Notaufnahme gefehlt hat, heute die Patienten absolut alles selber besorgen und bezahlen müssen?

Was meinen Sie, was der Grund für die Verknappung bzw. das gänzliche Fehlen von Medikamenten und ärztlichem Zubehör ist?

RD: Es gibt eine Gruppe Leute – Ärzte, Apotheker, Krankenpflegepersonal – die aus der Knappheit und den Bedürfnissen Profit schlagen. So wird den Patienten zum Beispiel mehr verschrieben und zum Kauf anbefohlen, als diese tatsächlich benötigen, und der behandelnde Arzt bewahrt die überschüssigen Medikamente zum späteren Weiterverkauf auf. Das Gesundheitssystem hat sich von einer Hilfeleistungseinrichtung in ein persönliches Bereicherungs- und Subsistenzmittel für eine Gruppe von Leuten verwandelt, die sich der Zerstörung unserer Krankenhäuser widmen und Medikamente sowie ärztliches Zubehör zu Aufpreisen an verzweifelte Kranke verkaufen. In anderen Worten: Diese Leute haben die Bedingungen geschaffen, daß die Kranken genau von dem abhängen, was jene aus dem Hospital gestohlen haben! Bedauerlicherweise handelt es sich hier um ein politisches Thema. Seitdem die Politik ihre Finger mit im Spiel hat, sind nicht nur das Gesundheitswesen, sondern auch unser Erziehungswesen einem schnellen Verfall erlegen, und alles ist zusammengebrochen. Schon heute, aufgrund der Devisenknappheit, haben wir keine Möglichkeit mehr, jemals die Dinge zu kaufen, die wir dringend benötigen. Schlimmer noch, uns wurden medizinische Apparate mit eingebautem Verschleiß verkauft, sodaß in regelmäßigen Abständen Ersatzteile gekauft oder die Apparate komplett ausgewechselt werden müssen. Das hat enorme, dauernd ansteigende Kosten verursacht, weil es eben ein Geschäft ist. Das MAU-Geschäft, wie ich eingangs erwähnte. In anderen Worten, wir sind in das Geschäft mit der Krankheit verstrickt worden, wir hängen davon ab und der Arzt hat im wesentlichen die Funktion, dieses Geschäft vermittels der Verschreibung von möglichst vielen Medikamenten und der Anordnung möglichst vieler medizinischen Untersuchungen aufrechtzuerhalten.

Gibt es hier keine alternative Medizin in größerem Umfang mit einer etwas integraleren, humaneren Sichtweise?

RD: Nein. In Venezuela wurde nie eine Gesundheitspolitik entwickelt, die zum Beispiel einen Kommunal-Apotheker in Betracht gezogen hätte, der die Gemeinden mit medizinischen Kräutern aus ihrer eigenen Umgebung begleitend unterstützen und unterrichten könnte, wie man zum Beispiel Getränke, Tees, Tinkturen und Umschläge aus Heilkräutern herstellt. Damit könnte man schon einiges bewirken. Es gab und gibt diesbezüglich auch heute noch keinerlei Beratung. Unsere Pharmazeuten hier sitzen in luxuriösen Büros oder in Privatkliniken und verrichten die Arbeit von Geldverwaltern. Sie bestimmen die Preise der Medikamente auf der Basis ihrer Ankaufskosten zuzüglich eines satten Aufschlags, was dann den Endpreis ergibt, den der Patient bezahlen muss. Es gibt keinen wirklichen Kommunalarzt oder -Apotheker, an den Sie sich notfalls auch um drei Uhr morgens wenden können, wenn Sie ein Gesundheitsproblem haben oder Erste Hilfe benötigen und auf dem Land wohnen. Das war der Grund, weshalb die Revolution Ärzte aus Kuba einführen musste, damit diese die Leute auf dem Land oder in den Randgebieten betreuen konnten. Die Leute starben schmerzvoll an ihren Leiden, weil es weit und breit keinen Arzt gab! Stellen Sie sich das einmal vor! Und das änderte sich erst mit der Präsenz der kubanischen Ärzte. Für mich war es immer unvorstellbar, daß ein Krankenhaus, eine ambulante Behandlungsstation oder ein Gesundheitszentrum nicht 24 Stunden am Tag geöffnet sein sollte! Aber all das war ein politisches Problem, eine Frage der Gesundheitspolitik. Die auszubildenden Ärzte zum Beispiel, die die Verpflichtung hatten, zwei Praxisjahre in den entlegendsten Regionen auf dem Land zu absolvieren, machten diese in der Stadt und überließen die kranke Landbevölkerung, die Kleinkinder und alten, gebrechlichen Leute dort ihrem Schicksal. Also das hat mich so getroffen, daß ich Konsequenzen zog. Ich habe doch nicht aus Witz studiert, ich habe doch nicht Medizin studiert, um es mir einfach zu machen und das Geld zu kassieren! Ich habe doch eine Berufung um zu helfen, um nützlich zu sein, um die Kranken in ihrem Schmerz zu begleiten und ihnen zu ermöglichen, ihr Gesundheitsproblem zu lösen. Aber nicht in dem Sinne, ihnen Medikamente zu verschreiben. Medikamente heute sind teurer denn je und nur die wenigsten können sie kaufen. Und da können Sie doch nicht einen Arzt ausbilden, der dieser Wirklichkeit gegenüber gleichgültig und nicht in der Lage ist, den engen Begriffsrahmen der klassischen, westlichen Schulmedizin zu verlassen! Was wir brauchen, sind Ärzte mit einer doppelten Bildung – klassische Schulmedizin und Naturheilkunde. Soll heissen, wenn wir uns in einer Situation befinden, wo Medikamente knapp sind oder wo es keine gibt, können wir den Patienten mit Kompetenz eine alternative, natürliche Heiltherapie anbieten. Aber nein, die Mehrheit der Ärzte hier sitzt mit verschränkten Armen herum wenn sie keine medizinischen Untersuchungen anordnen oder Medikamente verschreiben können, weil sie keine Ahnung von Naturheilkunde haben.

Und wie kommt es, Dr. Rosales Duno, daß Sie Kenntnis der Naturheilkunde haben?

RD: Von den neunundvierzig, fast fünfzig Jahren, die ich nun Arzt bin, habe ich vierzig dem Studium der Naturheilkunde gewidmet. Ich begann zu untersuchen, wie die Generationen vor uns – unsere Eltern, Großeltern, Urgroßeltern – ihre Krankheiten geheilt haben. Die Apotheke unserer Urgroßeltern war der Kräuterkorb oder die Sträucher im Garten. Vieleicht wussten sie nicht einmal immer, weshalb sie dies oder jenes Heilkraut benutzten und welche Funktion genau es hatte. Sie setzten die Hausmittel so ein, wie es ihnen ihre Eltern, Großeltern usw. beigebracht hatten. Und wissen Sie was? Sie wurden neunzig, hundert Jahre alt, oft ohne nenneswerte Krankheiten. Sie arbeiteten hart, trugen schwere Lasten, hatten ein nach unseren heutigen Maßstäben bemessenes karges Leben, und dennoch wurden sie fast nie krank. Heute kennt kaum einer von uns jemanden, der hundert Jahre alt geworden ist. Die meisten von unseren Generationen sterben viel früher. Wir haben heute viel umfassendere Einrichtungen, wir haben Krankenhäuser, Kliniken, ambulante Behandlungsstationen, Ärzte, Apotheker, Krankenpflegepersonal, unsere moderne Medizin, aber wir werden nicht alt! Etwas läuft grundsätzlich schief und daher kann ich das Ganze nicht befürworten. Deshalb habe ich mich der Naturheilkunde zugewandt und auch ein Bildungsprogramm namens „Erziehung zur Gesundheit“ oder zum Leben, wenn Sie so wollen, entworfen. Vielleicht ist es das einzige Programm dieser Art, aber hier wird es bedauerlicherweise nicht zur Kenntnis genommen. Dieses Programm zeigt einen Ausweg aus dem perversen Geschäft mit der Krankheit auf. Was ich anstrebe ist die Erziehung zur Gesundheit, die Lebensmedizin. Ich möchte bewirken, daß jeder weiß, wo er oder sie steht, wohin sein oder ihr Gesundheitszustand tendiert, damit entsprechende Vorkehrungen getroffen und Krankheiten vermieden werden können. Darum geht es. Zu wissen, wie man/frau sich schützt. Es gibt vier wichtige Bereiche, die uns als Menschen konstituieren, und die wir pflegen müssen. Zum einen, unser Gehirn, zweitens, unser Körper, drittens, unsere Emotionen und viertens, unsere Spiritualität. Letztere ist aber nicht im religiösen Sinne zu verstehen. Es geht um unsere innere Schönheit, um unsere Lebensenergie, die wir anderen mitteilen und die wir mit anderen teilen. Darunter fällt auch unsere Bereitschaft zu helfen, solidarisch untereinander zu sein, Empathievermögen zu haben. Schauen Sie, ich habe folgende Prämisse: Je mehr ich anderen helfe, desto mehr helfe ich mir selbst. Warum? Weil ich mich motiviere, weil ich mit meinen 75 Jahren jeden Morgen mit Energie und Freude aufstehe, Gymnastik mache und dann zu Fuß den steilen Berg hoch in die Stadt zu meiner Beratungsstelle wandere. Ich helfe, und es macht mir Freude. Ich vermeide Negativität, ich versuche, mich nicht von schlechten Nachrichten oder einer schlechten Stimmung meiner Mitmenschen in meiner positiven Grundhaltung dem Leben gegenüber beeinflussen zu lassen. Wir gewinnen zum Beispiel nichts, wenn wir schlecht gelaunt sind oder gar jemanden hassen, im Gegenteil: Es schmälert unsere Gesundheit, von der unsere Emotionen ein integraler Bestandteil sind.

Wie fällt Ihre Diagnose des heutigen Gesundheitswesens in Venezuela aus?

RD: Es gibt eine ganze Reihe verheerender Variablen, die an der Zerstörung unseres Gesundheitswesens schuld sind. In Zeiten des Erdölbooms zum Beispiel wurden hier medizinische Geräte wie Computertomographen oder Magnetresonanzgeräte importiert, wie Sie sie in den besten Hospitälern Europas kaum finden. Aber unsere Politiker, die das bestimmen, haben keinen blassen Schimmer von einem integralen Gesundheitsbegriff. Sie glauben, daß man mit den Devisen aus dem Erdölexport, wenn die Preise hoch sind, alles kaufen muß, egal was es kostet und egal, wie schlecht beraten man damit ist. Denn die Technologie ist nicht unsere. Viele Apparate, die importiert worden sind, haben die Deutschen hergestellt, Siemens zum Beispiel. Aber nun kommen wir nicht an die Ersatzteile heran, wegen der Sanktionen. Und wir haben auch keine Wartungsverträge, dergestalt, dass unsere Geräte von ausländischen Technikern gewartet und falls nötig repariert würden, was jetzt auch ohnehin wegen der Sanktionen nicht möglich wäre. In anderen Worten: Unsere für teures Geld importierten, medizinischen Spitzentechnologiegeräte sind praktisch Wegwerfgeräte! Dazu gesellt sich noch die Sabotage seitens derjenigen, die in unserem Gesundheitswesen dank ihrer Kontakte zur regierenden Partei beschäftigt sind, aber keine Berufung und manchmal nicht einmal die nötige Qualifikation haben. Das sind dann die Leute, die die Apparate aufgrund ihrer Inkompetenz oder absichtlich beschädigen, um die noch intakten Einzelteile als Ersatzteile an andere Hospitäler oder Privatkliniken weiterzuverkaufen. Ebenso verfahren sie mit der medizinischen Grundausrüstung und den Medikamenten, weshalb die Privatkliniken auch meistens noch funktionieren. Aber unsere öfentlichen Krankenhäuser sind alle am Boden: Kaputte Apparate, fehlende Grundausrüstung, keine Medikamente. Was blüht und gedeiht ist der Schwarzhandel mit dem Diebesgut. Es sind ungeheuerliche Dinge ans Licht gekommen! So wurden zum Beispiel doppelte Böden mit reichlichem Stauraum in Hospitälern entdeckt, in denen tausende von Medikamenten aufbewahrt wurden, bereit zum Transport nach Kolumbien. Man kann schon von mafiaähnlichen Strukturen sprechen, die sich in unserem Gesundheitswesen eingenistet haben. Sogar die Krankenhausverpflegung wird zum Teil geraubt – abtransportiert in Schmutzwäschewagen und auf der Strasse zu Überpreisen weiterverkauft. All das zu Lasten unserer Patienten, deren Not unvorstellbar ist!

Was schlagen Sie vor, was gegen diese schreckliche Situation unternommen werden sollte?

RD: Sehen Sie, das gegenwärtige Desaster wird von der Tatsache begleitet bzw. verstärkt, daß es zu keinem Zeitpunkt eine Unterstützung für die Naturheilkunde gegeben hat. Sie hätte eine genauso gewichtige Stellung im Gesundheitswesen einnehmen müssen, wie die klassische Schulmedizin. Ich habe nichts gegen die klassische Schulmedizin oder Allopathie, und nichts gegen Untersuchungen und die Verschreibung von Medikamenten, wenn es wirklich nötig ist und nichts anderes mehr hilft. Aber Du liebe Zeit! Wenn wir so eine Situation vorliegen haben und kaum jemand mehr die Kosten für eine klassische Behandlung aufbringen kann, da müssen wir doch eine Alternative anbieten können! Und diese Alternative ist die Naturheilkunde. Die Lösung liegt auf der Hand, nämlich in der Naturmedizin, in einer gesunden Ernährung und in der Vorbeugung, in der Erziehung, fast Aufklärung hin zu einem gesunden Leben und einer lebendigen Gesundheit.

Können Sie das noch kurz etwas ausführen?

RD: Die Erziehung zu einem gesunden Leben geht Hand in Hand mit einem gut informierten Leben, mit Wissen und Bewußtsein. Wir müssen wissen, daß wir sind, was wir essen. Und wir müssen zu der Einsicht kommen, daß unsere Nahrung unsere Medizin, und unsere Medizin unsere Nahrung sein sollte, nach einer alten Weisheit von Hippokrates, dem Vater der modernen Medizin. Das lässt sich meines Erachtens nur dann erreichen, wenn keine Verbote auferlegt werden. Ich verbiete meinen Patienten nichts; ich erkläre ihnen nur die Wirkungsweise der jeweiligen Nahrungsmittel auf ihren Organismus, damit sie es selber in die Hand nehmen können, etwas an ihrer Ernährung zu ändern, wenn sie wirklich möchten. Und jeder, der sich darauf einlässt, kann das Resultat empirisch an sich selber feststellen. Drei wesentliche Komponenten eines gesunden Lebens sind Bewegung, eine liebevolle, emotionale Grundeinstellung und eine weitestgehend natürliche Ernährung. Bewegen Sie sich täglich soviel Sie irgend können zu Fuß, ohne Ausrede, ohne Bequemlichkeit. Seien Sie liebevoll! Wenn ich liebe, wenn ich keine Haßgefühle kenne oder in mir trage, bin ich stets bereit anderen zu helfen und pflege meine Menschlichkeit. Und schließlich, ernähren Sie sich so natürlich wie möglich – Obst, Gemüse, Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Körner, Samen, Nüsse und Fisch, und vermeiden Sie abgepackte, industriell hergestellte Nahrungsmittel. Wenn Sie sich darüberhinaus zumindest ein Mal im Jahr einem generellen Gesundheitsexamen unterziehen, wissen Sie, wohin Ihre Gesundheit tendiert und Sie können sich entsprechend schützen. Das ist, was die Leute wissen müssen und ich versuche, sie in meinen Vorträgen zum eigenen Nachforschen und zur Selbsthilfe zu motivieren. Ein kleines Beispiel aus meiner Praxis: Ich habe Personen behandelt, die jahrzehntelang Medikamente gegen Bluthochdruck eingenommen haben und binnen zwei Wochen konnten sie ihre Medikamente absetzen. Ich ersetze sie mit Knoblauch, Tomate, Cayennepfeffer, verschiedenerlei Samen, die natürlich auch kontinuierlich eingenommen werden müssen, aber keine Nebenwirkungen erzeugen und die Abhängigkeit von der Pharmaindustrie durchbrechen. Von zehn Personen, die Medikamente gegen Bluthochdruck einnehmen, tun dies neun ohne tatsächliche Notwendigkeit! Können Sie sich das Ausmaß des unnötigen, täglichen, weltweiten Medikamentenkonsums wegen Bluthochdruck vorstellen? Das ist unfaßbar! Oder um ein anderes Beispiel zu nennen, meine Krebspatienten. Ich habe erfolgreiche Behandlungen mit Natriumhydrogenkarbonat und einer Umstellung auf basische Ernährung durchgeführt, denn unsere Körper sind für gewöhnlich völlig übersäuert, da wir überwiegend Nahrungsmittel zu uns nehmen, die sauer verstoffwechselt werden. Wir essen kein Obst, wir essen keine Zitrusfrüchte und Krebskranken wird obendrein der Verzehr von Zitrusfrüchten verboten! Oder Körner und Hülsenfrüchte, die die besten Freunde des Darms sind. Wer Körner und Hülsenfrüchte ißt, bekommt keinen Darmkrebs. Aber den Darmkrebspatienten wird der Konsum von Körnern und Hülsenfrüchten verboten. Das ist ungeheuerlich, absurd! Das muß einfach gesagt werden, das darf man nicht verschweigen.

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Hat die Zahl der Patienten zugenommen, die Ihre Beratungsstelle aufsuchen und die Ihre Vorträge besuchen?

RD: Zweifelsohne, aufgrund der wirtschaftlichen Situation im Lande. In den Jahren des Erdölbooms waren es erheblich weniger. Aber die Venezolaner haben eine große Schwäche: Sie haben keine Ausdauer, keine Beständigkeit. Die Leute kommen zu mir und sobald sich ihr Gesundheitszustand verbessert hat, verschwinden sie. Dann fallen sie in ihre alten, normalen Lebensgewohnheiten zurück, erkranken erneut und kommen wieder. Sie bleiben nicht bei der Sache, sie sind nicht konstant. Der Grund, weshalb jetzt mehr Leute zu mir kommen, ist die Tatsache, daß sie die ihnen verschriebenen Medikamente nicht mehr kaufen können, weil sie zu teuer sind, und daß die Leute Angst haben zu sterben, wenn sie ihre Medikamente nicht nehmen können. Das geschieht also nicht aus einer informierten Kenntnis und bewußten Entscheidung heraus, sondern aus der Not, wegen der Wirtschaftskrise.

In Begriffen sozialer Klassen gesprochen, was für Leute besuchen Ihre Vorträge?

RD: Ich glaube unter meinen Zuhörern gibt es mehr Bildungsmenschen der gehobenen Mittelklasse als einfache, arbeitende Bevölkerung. Das einfache Volk hat keine Mittel um den Transport in die Stadt zu bezahlen und meine Vorträge hören zu können. Diejenigen, die auf dem Lande oder in den Randgebieten der Stadt wohnen, sind auf den öffentlichen Transport angewiesen und der ist hier miserabel, er funktioniert einfach nicht. Außerdem ist er sehr teuer. Und da der aktuelle Mindestlohn nicht einmal ausreicht, um die Transportkosten einer Person zu decken, die sich täglich in die Stadt und wieder zurück nach Hause begeben muss, ist das ein Faktor, der die Leute daran hindert, zu kommen. Deshalb bin ich ja früher mit meinem Toyota in die abgelegenen Gemeinden gefahren, um dort vor Ort meine Vorträge zu halten und die Leute zu beraten. Aber mein Fahrzeug ist vor fünf Jahren kaputt gegangen und nun bin auch ich auf den öffentlichen Transport angewiesen, den ich mir ebenfalls kaum leisten kann. Darum habe ich dann eine Art Informationsnetz über meine Programme in verschiedenen Radiosendern entworfen, damit ich auch die Leute erreiche und informieren kann, die nicht zu mir kommen können. Aber hier hat die Zahl meiner Zuhörer insgesamt zugenommen, weil auch der gehobenen Mittelklasse das Geld oft nicht mehr für eine orthodoxe, medizinische Behandlung reicht. Hier in Mérida sagen wir: Es gibt kein Übel, was nicht seine gute Seite hätte, und in diesem Sinne bringt die Krise auch Vorteile für den Gesundheitszustand der Bevölkerung: Wir bewegen uns viel mehr zu Fuß und wir essen mehr natürliche Produkte als industriell gefertigte, weil letztere so teuer geworden sind. Und wir haben angefangen, mehr auf die natürliche, alternative Medizin zurückzugreifen. Das sind Schritte hin zu einem gesünderen Leben, würde ich sagen.

Also das könnte man die positive Seite der Krise nennen?

RD: Ganz genau!

Dr. Rosales Duno, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!